Unser Klosterfriedhof möchte ein Ort der Hoffnung sein.
Wir laden Menschen ein, sich an diesem Ort mit den existenziellen Fragen von Leben und Tod zu befassen. Inmitten der neu gestalteten Gräberfelder ist ein begehbares Labyrinth entstanden. Im Begehen des Labyrinths finden wir meditativ den Weg zur Mitte hin, auf Jesus Christus, auf den wir uns ausrichten können. Auf den Bodensteinen des Labyrinths sind die die Namen aller über 3300 Schwestern eingraviert, die jemals zu unserer Gemeinschaft gehört haben und gehören. Mit unserer neuen Aussegnungshalle ist auf dem Ort der Hoffnung ein Raum entstanden, der in seiner Architektur und Materialität eine Verbindung zwischen Irdischem und Göttlichen, zwischen dem was war, was ist und was noch kommt her.
Die Aussegnungshalle wurde aus klimafreundlichem Stampflehm errichtet und bietet damit eine ganz besondere Atmosphäre. Wir wollen die Aussegnungshalle auch für Begegnungen, kleine Veranstaltungen oder Besinnungsfeiern nutzen.
Die Stiftung Hoffnung für Menschen hat die Umgestaltung des Friedhofs im Jahr 2024 großzügig gefördert. Wir danken hierfür nochmals von Herzen. Der nachfolgende Projektbericht gibt Einblicke in Konzeption und Umsetzung der Friedhofsgestaltung.
Ort der Hoffnung – Ort des Lebens
Der Klosterfriedhof ist für uns Schwestern ein besonderer Ort. Zuerst fallen die einheitlichen weißen Kreuze auf; vor Gott sind wir alle gleich. Niemand ist herausgehoben. Im Kreuz vollendet sich unsere Hoffnung auf das ewige Leben.
Darum ist der Friedhof mehr als ein Ort des Todes und der Trauer. Im Frühling beginnt hier das Leben, ganz sinnbildlich, in den Blüten der über 10.000 Blumenzwiebeln, die in die Gräberfelder eingesetzt sind. Darin erfahren wir den ewigen Kreislauf des Lebens, in den wir hineingenommen sind.
Diesen Kreislauf drückt auch der Aussegnungsraum aus Lehm aus. So ist der Friedhof Symbol für den Paradiesgarten, ein Lebens-Raum, der dazu einlädt, zu verweilen, innezuhalten, Atem zu holen.
Alle Wege zum Friedhof und auf dem Friedhof haben ein Ziel: das große Steinlabyrinth im Zentrum. In der westlichen Ecke des Friedhofs ist das Auferstehungskreuz aufgestellt. Hier können Trauernde Kerzen abstellen und ihrer Trauer Ausdruck geben. In der östlichen Ecke steht die Bronzefigur des Heiligen Franziskus mit weit nach oben ausgestreckten Armen.
Diesseits und Jenseits
Auf einem stillgelegten Gräberfeld am Rande des Friedhofs erhebt sich der neue Aussegnungsraum. Er stellt die Verbindung zwischen dem Mutterhausgebäude, in dem die Schwestern leben, und dem Friedhof her. Das Gebäude aus Stampflehm setzt einen besonderen Akzent; das Material wurde unverändert aus der Natur entnommen und entfaltet eine große Symbolkraft für den Kreislauf des Lebens – von der Erde sind wir genommen, zur Erde kehren wir zurück. Hier kreuzen sich Diesseitiges und Jenseitiges.
Auf den Eingangstoren verweist eine Inschrift auf diese beiden Dimensionen: Wie im Himmel, so auf Erden. Die Inschrift ist in den drei Sprachen der Schwestern von Reute verfasst – deutsch, portugiesisch und indonesisch.
Der quadratische Innenraum wird akzentuiert von drei Oberlichtern, die den Raum in gedämpftes Licht tauchen. Der Blick wird nach oben, zum Licht hin, gelenkt. Die abgeschrägten Wände nehmen die Geste der Franziskusskulptur auf dem Friedhof auf, die ihre Arme weit nach oben hin ausbreitet.
In die Innenwände wurden Erden von den früheren Wirkungsorten der Schwestern eingearbeitet, gespendet von Kirchengemeinden aus dem ganzen württembergischen Raum sowie den Missionsstationen in Indonesien und Brasilien. Sie sind als dunkel abgesetzte Schichten erkennbar. So sind wir mit unseren früheren Wirkungsorten verbunden.
Im Zentrum des Raumes ist eine Bronzeplastik in den Lehmterrazzoboden eingelassen, gegossen aus den Segenszeichen verstorbener Schwestern, dem Tau. Hier werden die verstorbenen Schwestern von ihren Vorgängerinnen symbolisch in Empfang genommen, bevor sie von den lebenden Schwestern zur letzten Ruhe geleitet werden.
Unter der Bodenplatte liegt eine Zeitkapsel, die 2022 bei der Grundsteinlegung in das Fundament des Gebäudes eingelassen wurde.
Lebenszeichen
Die Schwestern von Reute haben Spuren hinterlassen, ihr Leben wirkt bei vielen Menschen in der Region nach. Um diese Verbindung zu stärken, wurde eine digitale Erinnerungsplattform entwickelt, auf der alle Schwestern mit ihren biografischen Daten und ihrem Ordensnamen abrufbar sind. Für viele Schwestern liegen auch Fotos und Lebensläufe vor, die ebenfalls aufrufbar sind. Auf einem Plan sind die Ruheorte auf dem Friedhof verzeichnet. Die Erinnerungsplattform kann über ein Tablet (iPad pro) aufgerufen werden, das im Kerzentisch in der Aussegnung installiert ist. Mittels WLAN-Verbindung und Cloud-Datenspeicher können die Schwesterndaten laufend aktualisiert werden. Da aufgrund der laufenden Bauarbeiten noch keine WLAN-Verbindung in der Aussegnung vorhanden ist, arbeiten wir zu Beginn des Jahres 2025 an einer Interimslösung, um die Erinnerungsplattform möglichst bald anbieten zu können. Darüber hinaus ist die Anbindung auf die Internetseite des Klosterbergprojekts vorgesehen.
Die technische Realisierung hatte zum Ziel, eine möglichst einfache und intuitiv zu bedienende Oberfläche bereitzustellen, um auch älteren Menschen die Nutzung zu ermöglichen.
Sehr vielen Menschen ist die Verbindung zu den lebenden Schwestern wichtig, denen sie in der Vergangenheit Erzieherin, Kindergärtnerin, Krankenschwester, Seelsorgerin oder in anderer Weise begegnet sind. Ebenso spüren wir immer wieder, wie wichtig Menschen die Erinnerungen an die verstorbenen Schwestern ist. Diese Verbundenheit gewinnt einen neuen, digitalen Raum mit der Erinnerungsplattform.